Lichtverschmutzung aktuell
 
Sonntag 10.01.2021, an einer der seltenen wolkenfreien Nächten dieses Winters gelang erstmals eine durchgängige Dunkelheitsmessung des Himmels, von der Abend- bis zur Morgendämmerung, und das an einer idealen mondlosen Nacht:
 
 
Was man in der Grafik ignorieren kann
Die Sprünge um 19:15 und 6:30 können ignoriert werden: hier handelte es sich einfach um lokale Weihnachtsbeleuchtung, die zu Messzwecken früher als üblich ausgeschaltet wurde und morgens wieder anging. Und kleine Knicke wie um 3:00 rühren von leichten Schleierwolken her, was mittels der separaten Himmelskamera gegengeprüft wurde.

Helligkeitssprünge um 22h und 5h
Interessanter sind die Helligkeitssprünge um 22h und um 5h. Sie kommen von der Dimmung der Straßenbeleuchtung während der Nachtruhezeit. Die Nachtruhezeit regelt die Reduzierung der Immissionen (Lärm, Licht, usw.) in der Zeit zwischen 22h und 6h (Lärm in Idstein sogar bis 7h). Das Messgerät ist derzeit so eingestellt, daß es zu einem kleinen Teil auch Aufhellungen der Umgebung aufnimmt. Auch wenn der Himmel weniger als die Umgebung aufgehellt wird, führt die sehr frühe Aufhellung der Umgebung im Winter dazu, daß die Natur ein künstliches Erwachen inmitten der Nacht erfährt.

Dass der Sprung um 22h kleiner als der Rücksprung um 5h ausfällt kommt hauptsächlich daher, daß im Winter die Umgebung um 22h wesentlich heller als um 5h ist, und die Straßenlampen daher in Relation einen wesentlich kleineren Anteil als um 5h ausmachen. Dies kann man bei bewölktem Himmel sehr gut nachprüfen, wenn die vom Messgerät erfasste Gesamthelligkeit so hoch ist, daß die Dimmung der Straßenlampen gar nicht zu erkennen ist.

Positive Seiten der neuen Straßenbeleuchtung
Die neuen Straßenlampen bündeln das Licht mehr dorthin, wo es benötigt wird - nämlich nach unten, und weniger als vorher Richtung Horizont oder gar nach oben. Die Gesamtlichtleistung am Boden ist ungefähr gleich geblieben. Es wird aber aufgrund der moderneren Leuchtmittel und der stärkeren Lichtbündelung um ein Vielfach weniger Strom verbraucht, womit eines der wichtigsten Ziele für die Umwelt erreicht wird: die Nachhaltigkeit. Außerdem entsteht weniger Streu- und Blendlicht als vorher, was für uns Menschen angenehmer und sicherer ist. Und als Nebeneffekt sinkt auch der negative Einfluss auf den Himmel und die Natur.

Mehr zufällig als (von den Entwicklern der LEDs eigentlich) geplant scheint es bei LEDs - unabhängig von der Lichtfarbe - zu einer geringeren Anziehung von Insekten zu kommen. Damit verenden weniger Insekte an Erschöpfung oder Gefressenwerden durch das endlose ins Licht fliegen.

Das Problem mit stark blauhaltigem Licht
Die kühle krankenhausweiße Lichtfarbe der neuen Lampen (mit viel zu starken Blauanteil) bleibt sicherlich für uns Menschen gewöhnungsbedürftig und für das Ökosystem ein Problem, da alle Lebewesen (gleich ob nacht- oder tagaktiv) den natürlichen Wechsel von Tag (blauhaltiges Licht) und Nacht brauchen, sei es zum Schlafen, zum Jagen oder zur Fortpflanzung. Und die gesamte Nachtlandschaft wird mit blauhaltigem Licht deutlich stärker als mit anderen Lichtfarben aufgehellt, da blaues Licht viel stärker in der Luft und in der Atmosphäre streut.
 


Fehlender selektiver Blendschutz
Trotz der besseren Lichtbündelung strahlen die neuen Lampen in seitlicher Richtung viel Licht bis 15% unter dem Horizont ab, was je nach Lampenausrichtung und Geländeform - wegen der Höhe der Lampen - zu einer direkten Anstrahlung der Natur mit stark blauhaltigem Licht bedeutet. Ein paar lokale Beispiele sind die Lampen entlang des Kranichwegs oder kurz vor Ende des Zinsgrabenwegs Richtung Wald. Ökologischer, effizienter und auch sicherer ist es, wenn Straßenlampen dermaßen seitlich abgeblendet werden, daß ihr Lichtkegel die jeweiligen Straßen und Gehwege gut ausleuchten, nicht aber die Natur oder die Hausfassaden.

Vom Licht geblendet
Gleich ob Autoscheinwerfer, Straßenlampe oder Beleuchtung der Häuser (auch Innenbeleuchtung, die durch Fenster ungehindert herausscheint): seitlich scheinendes oder an Wänden hell reflektierendes Licht blendet uns Menschen und unsere Augen erkennen dadurch viel schlechter Boden und Hindernisse. Dies kommt einmal von der selektiven Wahrnehmung des Sehens - die Augen passen sich immer an die hellen Bereiche an, die dunklen Bereiche erscheinen dann deutlich dunkler als sie sind. Und zum anderen streut helles Licht in unseren Augen (und zwar umso stärker, je trüber unsere Linsen mit zunehmendem Alter werden), so daß der Gesamtkontrast abnimmt und wir schlichtweg nichts mehr erkennen. Hätten alle Lampen einen seitlichen Blendschutz, würden wir tatsächlich viel besser sehen, gleich ob in der Dämmerung oder in der Nacht, und könnten uns mühelos durch die Nacht bewegen.

Himmelshelligkeit im Fortlauf der Nacht
Wie die Grafik zeigt nimmt die Dunkelheit des Himmels von 22h bis 4h langsam aber stetig zu. Diese langsame Verdunklung kommt durch die schrittweise Abschaltung der Lichter der privaten Haushalte im Fortlauf der Nacht sowie auch durch den abnehmenden Verkehr auf der Autobahn (A3). Letzteres lässt sich im Winter sogar vom Gänsberg aus visuell verfolgen. Traditionell haben LKWs sehr weit leuchtende Scheinwerfer, und durch die hügelige Landschaft erfolgt eine noch stärkere Aufhellung oberhalb des Horizonts. Zudem kommen bei Fahrzeugen immer mehr sehr helle und stark blauhaltige Scheinwerfer zum Einsatz, dessen Licht weiter als je zuvor leuchtet und durch den Blauanteil auch stärker als vorher in der Luft streut.

Im Winter steht die Milchstraße gegen Mitternacht mitten im "Blickfeld" des Dark-Sky-Messgeräts (oben im Zenit) und hellt damit die Messung auf. Durch das Wegziehen der Milchstraße im Laufe der zweiten Nachthälfte kommt es daher zu einer Verdunklung. Allerdings fällt dieser Unterschied im Vergleich zu den Faktoren der künstlichen Lichtquellen gering aus.

Himmelsdunkelheit am aktuellen Beispiel
Nachts um 2:00 entstand dieses Foto der Himmelskamera, das erahnen lässt, daß trotz der Verbesserungen in der Stadtbeleuchtung noch zu viel Licht gen Himmel streut:
 
 
"Zielsetzung" Idstein 2025
So könnte der Himmel zu dieser Zeit aussehen, wenn moderne Beleuchtungskonzepte im Idsteiner Land und Umgebung durchgängig Einzug finden würden:
 
 
Aktuelles Hauptproblem Idsteins
Eine typische Hauptursache der Lichtverschmutzung: Gewerbegebiete mit willkürlich ausgerichteten und sehr hellen Lampen, die zur Nachtruhezeit nicht gedimmt werden. Hier am Beispiel der Black-und-Decker-Straße, wo sogar dauerhaft ein Skybeamer gebündeltes Licht kilometerhoch in den Himmel strahlt. Beide Fotos vom Gänsberg aus (nach Mitternacht) entstanden:
 
 
 
 
 → Archiv
 
 → Wetterseite
 
 
 © 2020 by Carl Herzog