Wolkenbogen
Oben: Wolkenbogen  [Vollbildansicht]
Unten: Regenbogen [Vollbildansicht]
Ein Freund aus der Nachbarschaft mit einem guten Auge für Naturphänomene schickte mir die obere Aufnahme einer ungewöhnlichen Erscheinung über den Wiesen Idsteins, die halb wie ein Regenbogen, halb wie ein Halo zu sein schien. Sie war - genauso wie ein Regenbogen - am Sonnengegenpunkt zu sehen, aber die Spurbreite war deutlich farbloser und diffuser als beim Regenbogen. Sie entstand am 23. November 2021 um 13:00 (Sonnenhöhe: 18°).

Die untere Aufnahme habe ich am 31. Oktober 2021 um 15:20 (Sonnenhöhe: 13°) von der anderen Stadtseite aus gemacht. Die Aufnahmen entstanden mit Handys unterschiedlicher Hersteller, die aber zufälligerweise den gleichen Sensor und das gleiche Objektiv verwenden, wodurch sie im Maßstab 1:1 verglichen werden können.

Die Recherche und Bildanalyse ergaben, daß es sich beim oberen Bild um einen Wolkenbogen handelt. Wie beim Regenbogen wird Sonnenlicht an Wassertröpfchen in der Luft reflektiert und das Licht wird vor und nach der Reflektion jeweils an der Tropfenoberfläche gebrochen (Dispersion), wobei jede Wellenlänge unterschiedlich stark bricht, und so die charakteristische Farbgebung des Regenbogens entsteht.

Beim Wolkenbogen (und auch beim direkt verwandten Nebelbogen) sind die Tropfengrößen wesentlich kleiner, wodurch ein zusätzlicher Effekt auftritt: die Beugung (Diffraktion), durch die das Licht von einem Hindernis dermaßen abgelenkt wird, daß sie in alle Richtung gestreut wird. Durch diese Streuung überlagern sich die unterschiedlichen Wellenlängen: der Bogen erscheint dabei umso farbloser und diffuser, je kleiner die Tröpfchen sind, da die Beugung dann immer stärker wird. Dadurch ist die Spurbreite des Wolkenbogens deutlich breiter als beim Regenbogen.

Der Regenbogen, Wolkenbogen und Nebelbogen haben einen Radius von 42 Grad. Da sie am Sonnengegenpunkt erscheinen, kann ein Teil des Bogens immer dann gesehen werden, wenn die Sonne tiefer als 42° über den Horizont steht (außer man steht am Berg und blickt hinab). Somit kann im Winter den ganzen Tag lang ein Regen-, Wolken- bzw. Nebelbogen auftreten, wenn die Bedingungen stimmen.

Da der Bogendurchmesser somit 84° beträgt, braucht man entweder einen Ultra-Weitwinkelobjektiv, um die ganze Bogenbreite auf ein Bild zu kriegen. Daher verhilft man sich oft mit einem Mosaik mehrerer Bilder, die man entweder automatisiert im Handy oder dem PC zu einem Panorama zusammenfügen kann, hier am Beispiel des Regenbogens:
 
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