Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung
Beitrag: 03. September 2022
Aktualisiert am 02. Oktober 2022
 
Am 1. September 2022 ist die Verordnung der Bundesregierung zur kurzfristigen Sicherung der Energieversorgung in Kraft getreten (→ zur Verordnung). Diese gilt für die Dauer von 6 Monaten und hat das Ziel einer Energieeinsparung, um im Winter eine Rationalisierung zu vermeiden, die Firmen und dann auch Privathaushalte treffen würde.

Die festgelegten Maßnahmen betreffen allerdings nur einen kleinen Bruchteil des gesamten Energieverbrauchs Deutschlands und reichen deshalb bei Weitem nicht aus, um die Energieversorgung im Winter zu gewährleisten. Die Maßnahmen sollen daher auch einen Signal- und Vorbildeffekt entfalten, um auf diese Weise freiwillige Energiesparmaßnahmen anzuregen.

Update 02.10.2022: Dieser Artikel berücksichtigt die am 28. September 2022 beschlossene Änderung der Verordnung.

In Bezug auf Beleuchtung im öffentlichen Raum wurden lediglich zwei Maßnahmen verordnet:

1) Keine Außenbeleuchtung für Denkmäler & co.
Die Beleuchtung von öffentlichen Nichtwohngebäuden von Außen ist untersagt. Hier in Idstein dürfen z.B. der Hexenturm und die Unionskirche nicht mehr von Außen angeleuchtet werden. Ausgenommen sind traditionelle und religiöse Feste - da dürfen die Gebäude beleuchtet werden. Auch wenn die Einsparung verhältnismäßig gering ist, ist der Signaleffekt der Dunkelstellung von Wahrzeichen einer Stadt enorm: so bekommt wirklich jeder mit, was die Stunde geschlagen hat.

2) Keine leuchtenden Werbeanlagen nach 22 Uhr
Der Betrieb beleuchteter oder lichtemittierender Werbeanlagen ist von 22 Uhr bis 6 Uhr des Folgetages untersagt. Während der Öffnungszeiten dürfen aber jene Werbeanlagen leuchten, die als Hinweise auf Gewerbe oder Beruf am selben Ort dienen. Und Werbeanlagen dürfen während Sport- und Kulturveranstaltungen betrieben werden.

Vom Verbot betroffen sind Werbedisplays, beleuchtete Plakate, selbstleuchtende oder angeleuchtete Logos und Firmennamen, Effektbeleuchtungen z.B. an Fassaden, usw. Der Einspareffekt ist sehr relevant. Alleine durch Werbedisplays werden in Deutschland jährlich 113 Milliarden Watt verbraten - Tendenz steigend.

Warum nicht schon früher
Das Verbot von beleuchteten und selbst leuchtenden Werbeanlagen zu später Nachtstunden hätte eigentlich - unabhängig von der Energiekrise - schon viel früher eingeführt werden können. Dabei handelt es sich nämlich um vollkommen überflüssige Beleuchtung, die keinen Nutzen hat und durch Energieverschwendung sowie Lichtimmissionen einen direkten Schaden für die Umwelt bedeutet. Eine große Unverhältnismäßigkeit. Um 3:00 morgens läuft in Idstein ja niemand an den Schaufenstern vorbei und schaut sich Werbevideos von Kreditinstituten, Angebote von Immobilienunternehmen oder Brillenläden an, die die ganze Nacht hell erleuchtet sind und Strom fressen.

Schwerpunkt: Freiwillige Maßnahmen
Jetzt kommt es auf die Bereitschaft der Menschen an, auf freiwilliger Basis und nach eigenem Ermessen Energie zu sparen, sowohl in Privathaushalten, als auch bei Firmen. Davon kann jeder profitieren, indem er die eigenen Energiekosten senkt und der Preisspirale entgegenwirkt. Nebenbei hilft man auf diese Weise den Klimawandel auszubremsen und - wenn Licht von der Maßnahme betroffen ist - auch noch unnötige Lichtverschmutzung zu reduzieren, die Mensch und Tier schadet.

Stromverbrauch selbst messen
In Idstein haben wir jüngst neue Stromzählgeräte installiert bekommen, die den augenblicklichen Gesamtverbrauch im Haus (in Watt) anzeigen. Dies erlaubt es vor allem Geräte und Leuchten zu messen, an denen man Strommeßgeräte nicht zwischen Steckdose und Gerät/Leuchte stecken kann. Am Besten geht man zu zweit vor: einer schaltet das Gerät oder die Leuchte ein, der andere schaut auf die (sich dann ändernde) dargestellte Watt-Zahl im Stromzähler. Wenn man diesen Wert mit der geschätzten täglichen Nutzungsdauer multipliziert, erhält man den Tagesverbrauch des jeweiligen Geräts oder Leuchte. Diesen Wert teilt man durch 1000 und multipliziert mit dem Strompreis (z.B. 0,35 EUR), dann erhält man die Kosten pro Tag.

Bei solchen Messungen muß man Zeitpunkte auswählen, an denen Geräte mit variablem Verbrauch gerade nicht aktiv sind, wie z.B. der Kühlschrank oder die Waschmaschine, da ansonsten der aktuelle Verbrauch stark schwanken kann.

Dauerhafte Außenbeleuchtung
So läßt sich z.B. auch der Verbrauch der Außenbeleuchtung feststellen. Hier ist eine Einsparung am Einfachsten durchführbar, da man Licht im Außenbereich eigentlich nur für einen kurzen Moment benötigt - außer, wenn man gerade eine Feier hat. Daher empfiehlt sich auf dauerhaft eingeschaltete Außenbeleuchtung zu verzichten - gleich ob Fassadenbeleuchtung, Eingangsbeleuchtung oder Gartenbeleuchtung. Da einige Menschen Außenbeleuchtung aufgrund eines subjektiven Sicherheitsempfindens dauerhaft eingeschaltet lassen, ein paar Anmerkungen dazu:

Außenbeleuchtung und Einbrüche
Gerade bei Privathaushalten besteht oft das Gefühl, dass eine Daueraußenbeleuchtung eine Sicherheit vor Einbrüchen darstellt. Dabei übersieht man, dass Einbrüche hauptsächlich tagsüber und während der Dämmerung passieren. Nachts fallen Geräusche viel leichter auf und da ist meistens auch jemand zu Hause - beides zu große Risiken für Einbrecher. Einbrecher stören sich bei ihrer "Arbeit" zudem nicht am Licht. Mehr noch: wenn jemand seine Außenbeleuchtung nachts eingeschaltet läßt, signalisiert er damit, dass er außer Haus ist. Und wenn er erkennbar daheim ist, suggeriert er, dass er so viel Geld hat, dass ihm die Stromkosten - trotz Preisexplosion - egal sind, also quasi ein Wink an Einbrecher, dass es sich hier so richtig lohnt.

Stromverbrauch von Sicherheitskameras
Bei Privatgrundstücken sind immer mehr Sicherheitskameras aus Fernost im Einsatz, die die ganze Nacht mit einer Infrarotleuchte das eigene Grundstück (und auch fremde Grundstücke) beleuchten. Dies ist ein Komfortwunsch nach Live-Streaming zu jeder Zeit, selbst wenn man es zu 99,99% der Zeit gar nicht benötigt. Auch wenn dieses Licht für Mensch und Tier unsichtbar ist, verbraucht es doch konstant Strom, und im Winter sind die Nächte lang. Sinnvoller ist hier den in Sicherheitskameras integrierten Bewegungsmelder zu nutzen, damit sich das Infrarotlicht nur bei Bedarf einschaltet. Die Software der Hersteller sollte aus ökologischen Gründen immer eine solche Option anbieten.

Sicherheit in öffentlichen Räumen
Was nun den öffentlichen Raum angeht, wird von bestimmten Branchen und deren Lobbygruppen gerne suggeriert, dass mehr Licht die Sicherheit (z.B. vor Überfällen) erhöht. Manche Menschen fühlen sich tatsächlich sicherer, wenn eine Straße gut ausgeleuchtet ist. Jahrelange Erfahrungen aus Frankreich, Studien aus Großbritannien und Forschungsergebnisse aus Deutschland zeigen allerdings, dass Kriminalität und auch Verkehrsunfälle nicht steigen, wenn weniger hell beleuchtet wird.

Weniger Licht = weniger Energie, bei gleicher Sicht
Daraus folgt, dass Außenleuchten - gleich ob an Straßen, Privatgrundstücken oder Parkplätzen - deutlich dunkler, und damit sparsamer - leuchten können. Wenn man dabei das Licht korrekt ausrichtet und abblendet, und man nicht vom Licht geblendet wird, sieht man sogar trotz deutlich niedrigeren Gesamtlichtmengen wesentlich besser. Hier sind die Einsparpotentiale enorm.

Sicherheit für Frauen
Weiterführende Gedanken in Sachen Licht und Sicherheit - aus der Perspektive einer Frau - ist unter diesem → aktuellen Beitrag zu finden.

Handlungsempfehlungen
Wer Interesse hat seine Außenbeleuchtung zu optimieren, findet unter den folgenden beiden Links Empfehlungen, auf was man achten sollte:

Vom Biosphärenreservat Rhön: → Umweltverträgliche Außenbeleuchtung am Haus und im Garten

Vom Hessisches Ministerium für Umwelt und Klimaschutz: → Nachhaltige Außenbeleuchtung - dieser Flyer ist zum zum Ausrucken und Falten gedacht, und somit ideal, um ihn z.B. beim Nachbarn einzuwerfen.

Anmerkung:
Bewegungsmelder sind mit Bedacht einsetzen, denn sie können auch einen ökologischen Schaden verursachen, wie ich in einer Untersuchung zur Vogelwelt in Wohngebiete bald zeigen werde. Und, die Internet-Suche "Nachhaltige Außenbeleuchtung" ist mit Vorsicht zu genießen, da dieses gerne als Schlagwort zur Vermarktung von Produkten mißbraucht wird.

 
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