Feinstaub Idstein: Bericht 2024
Beitrag: 16. Februar 2025
 
In diesem Beitrag werden Feinstaubmessungen vorgestellt, die das ganze Jahr 2024 (sowie ganz am Ende auch im Januar 2025) durchgehend in Abständen von 2 Minuten im Wohnviertel Füllenschlag in Idstein durchgeführt wurden. Die Grafiken wurden so formatiert, daß sie sich am besten auf einem PC oder Tablett betrachten lassen. Im Handy muss gezoomt werden, um die Details erkennen zu können.

Partikelgröße
In den Grafiken werden Messungen von Feinstaubpartikeln der Größe "PM 2,5" dargestellt. Dabei handelt es sich um Feinstaub mit einem Durchmesser von 1 bis 2,5 µm. Das Zeichen µ steht für Mikro (= Millionstel) und das m für Meter. Ein Durchmesser von 1 µm entspricht also einem Millionstel Meter oder einem Tausendstel Millimeter. Je kleiner der Durchmesser, desto tiefer dringen die Partikel in die Atemwege ein und gelangen dann auch in die Blutbahn. Gerade der PM 2,5 Feinstaub dringt besonders tief in die Atemwege ein und erreicht die Lungenbläschen.

Konzentration
Die Feinstaub-Konzentration in der Luft wird in µg/m³ gemessen, also Millionstel Gramm (oder Tausendstel Milligramm) pro Kubikmeter Luft. Bereits bei extrem geringen Konzentrationen ist Feinstaub nachweislich gesundheitsschädlich. Die WHO hat sich daher durchgerungen eine Empfehlung für einen Grenzwert von 5 µg/m³ im Jahresmittel auszusprechen. Die aktuell gültigen Grenzwerte in Deutschland sind mit 25 µg/m³ allerdings fünf Mal höher ausgelegt. Und all diese Grenzwerte für die gefährliche Partikelgroße PM 2,5 beziehen sich immer auf einen Jahresdurchschnitt. Sie schränken nicht die Maximalwerte ein, die in kürzeren Zeiträumen als ein Jahr auftreten können und auch eine direkte Gefahr für die Gesundheit darstellen.

Auswirkungen auf die Gesundheit
Laut dem Umweltbundesamt lösen Feinstaubpartikel Entzündungen und Stress in menschlichen Zellen aus. Eine höhere Einwirkung über Stunden kann zu Herz-Kreislauferkrankungen und zur sofortigen Einweisung ins Krankenhaus führen. Wenn die Einwirkung (auch in geringen Konzentrationen) über einen längeren Zeitraum erfolgt (Monate oder Jahre), wirken sich die Partikel auf die Atemwege (Asthma, verringertes Lungenwachstum, Bronchitis, Lungenkrebs), das Herz-Kreislaufsystem (z. B. Arteriosklerose, Bluthochdruck, Blutgerinnung), den Stoffwechsel (z. B. Diabetes Mellitus Typ 2) und das Nervensystem (z. B. Demenz) aus. Am Stärksten betroffen sind dabei Kindern sowie Menschen mit Vorerkrankungen und ältere Personen, wobei gerade bei Kindern sich die Schädigung und beeinträchtigte Funktion der Lunge auf das ganze vor ihnen stehende Leben auswirkt.

Riechen und Sehen
Feinstaub lässt sich nicht sehen und oftmals nicht riechen. Manchmal kann man ihn riechen, meistens während der Heizsaison durch die Verbrennung von Holz in Heizöfen und Kamine. Dabei entsteht ein bisweilen recht beißender Geruch, den man sowohl in Idstein also auch in den Nachbarorten während der Heizsaison und vor allem im Winter tagsüber und nachts deutlich wahrnimmt.

Feinstaub 2024
Los geht's mit der Jahresgrafik für 2024. Die blaue Kurve stellt die Durchschnittswerte pro Tag dar und die bunte Balken die täglichen Maximalwerte (= der jeweils an einem Tag höchste gemessene Wert der Konzentration an PM 2.5 Feinstaubpartikel in der Luft):
 
Wenn wir uns zunächst die unauffälligere blaue Kurve mit den täglichen Durchschnittswerten anschauen, können wir erkennen, daß wir eigentlich nur im Sommer kontinuierlich unter den gesetzlich geforderten 25 µg/m³ bleiben. Im Winter liegen die täglichen Durchschnittswerte oft deutlich darüber. Es gibt aber auch Tage mit sehr niedrigen Durchschnittswerten, die dafür sorgen, daß wir im Jahresmittel unter den geforderten 25 µg/m³ kommen.

Das ist tatsächlich der Nachteil von Durchschnittswerten: je länger der Zeitraum der Durchschnittsbildung, desto flacher fällt die Kurve aus. Das sagt allerdings nichts darüber aus an welchen Stunden oder Tagen wir Draußen waren; ob wir dabei Sport getrieben haben, wodurch wir deutlich höhere Mengen an Feinstaub eingeatmet haben (hier kann man den Reim "Sport ist Mord" einmal wörtlich nehmen); sowie ob und wie lange wir die Fenster geöffnet haben und wie lange danach bei geschlossenem Fenster die hohe Konzentration im Haus verbleibt, bis sie von unseren Bronchien und Lungen quasi "gefiltert" wurden - und dann natürlich dort verbleiben oder ins Blut übergehen.

Betrachten wir nun die bunte grün-bis-rote Balken in der oberen Grafik: Dort erkennt man ganz gut, daß auch im Sommer die Maximalwerte schon mal bei 50 µg/m³ oder darüber liegen können. Allerdings ist im Winter ist die Dichte der roten Bereiche viel höher. Damit die Grafik übersichtlich bleibt, wird die vertikale Skala bei 50 µg/m³ abgeschnitten. Die tatsächlichen Maximalwerte gehen teilweise deutlich höher und können - auch außerhalb von Silvester - Werte zwischen 100 bis 500 µg/m³ erreichen.

Maximalwerte nach Größe sortiert
Nehmen wir nun die tägliche Maximalwerte und ordnen sie nach deren Größe, erhalten wir folgendes Bild (diesmal etwas höher bei einer Konzentration von 160 µg/m³ abgeschnitten):
 
Die grauen vertikalen Markierungsstreifen sind in 10 % Abständen platziert, damit man schnell ablesen kann, an wieviel Tagen des Jahres bestimmte Maximalwerte (nicht) überschritten wurden. So lagen an 70 % der Tage die Maximalwerte über der 25 µg/m³ Marke. Umgekehrt lagen an ca. 8 % der Tage (also an ca. 29 Tagen) die Maximalwerte über de 100 µg/m³ Marke. Diese Tage lagen hauptsächlich im Winter.

Durchschnittswerte nach Größe sortiert
Wenden wir diese Sortierlogik nach Größe auf die Durchschnittswerte an, ergibt sich folgendes Bild:
 
Hier sehen wir, daß wir an 80 % der Tage die von der WHO definierte Grenze von 5 µg/m³ überschreiten. Und an ca. 14 % der Tage liegen wir über dem deutschen Grenzwert von 25 µg/m³.

Januar 2025
Um besser zu verstehen, wie die Werte entstehen, schauen wir uns die folgende Grafik an, bei der die Messwerte nicht die Durchschnitts- oder Maximalwerte eines Tag betrachtet werden, sondern die laufenden Messwerte, mit einer Messung jede 2 Minuten, und zwar für den gesamten Monat Januar 2025:
 
Schauen wir uns zunächst die orangenfarbene Kurve an mit der Konzentration des PM 2,5 Feinstaubs. Dort wo in der waagerechten Skala (unten) das Datum steht, beginnt der Tag (also 0 Uhr) und zwei Striche weiter ist es Mitternacht (Tagesende). Besonders auffällig dabei ist, daß die höheren Werte meistens in den Abendstunden und in der ersten Nachthälfte liegen. Wenn die Sonne (vor allem an sonnigeren Tagen) untergeht, steigen der Heizbedarf und damit auch die Feinstaub-Emissionen. Da viele Heizungen zur Schlafenszeit ausgeschaltet werden, sinken dann wieder die Emissionen. Das sagt allerdings nichts darüber aus, wie schnell der Feinstaub aus der Luft verschwindet.

Die dünnen blauen Balken zeigen die maximale Windgeschwindigkeit zum jeweiligen Zeitpunkt an. Damit kann man sehr gut erkennen, daß bei starkem bis sehr starkem Wind (rechte Skala im km/h) die Feinstaubbelastung beträchtlich abnimmt. Ein ähnlicher Effekt tritt bei lang anhaltendem starkem Regen auf. Dieser kommt aber oft mit starkem Wind daher, weshalb die Darstellung des Windes in der Grafik ausreichend ist.

Häufigkeit von hohen Feinstaubbelastungen
In der Presse erläutern Meteorologen den Zusammenhang von hohen Feinstaubwerten mit Inversionswetterlagen oder auch Ostwind (wie zuletzt im Februar 2025), und dann ist von kurzen Episoden die Rede (wie z.B. unter einem tageschau.de-Beitrag). Allerdings spiegelt dies seit einigen Jahren nicht mehr die Wirklichkeit an vielen Orten. Die Phasen von niedrigen Feinstaubwerten während der Heizsaison sind dem Wind zu verdanken. Während der Heizsaison bilden hohe Feinstaubwerte dabei die Regel - und nicht die Ausnahme.

Hauptursache in der Heizsaison
Zu verdanken hat man dies im Herbst, Winter und Frühling hauptsächlich den mit Holz betriebenen Öfen und Kaminen. Dabei kann eine mit Holz oder Pellets betriebene Heizung so viel Feinstaub wie 100 mit Gas betriebenen Heizungen ausstoßen, und zudem wesentlich gefährlicheren Feinstaub erzeugen, der auch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (kurz PAK) enthält, von denen einige krebserregend sind.

Holz ist zu günstig
Daß recht viele Haushalte Holz zu Heizzwecken verwenden, liegt sicherlich an der viel zu günstigen Verfügbarkeit von Holz in Vergleich zu Gas und Strom. Manchmal kriegt man hier in Idstein Holz sogar von der Stadt geschenkt - Heizen zum Nulltarif. Scheinbar gibt es keine bessere Art der Nutzung für Holz und die Stadt hat die Luftqualität nicht wirklich im Blick.

Das Bundes-Immissionsschutzgesetz
Im Bundes-Immissionsschutzgesetz (kurz BImSchG) sind zwar seit einigen Jahren Grenzwerte von 0,075 g/m³ bzw. 0,040 g/m³ für mit Holz betriebene Öfen & co. festgelegt. Allerdings geht es hier um Angaben in Gramm. Wenn wir sie auf Mikrogramm umrechnen: 0,075 g/m³ entsprechen 75.000 µg/m³. Man kann schon erahnen mit wieviel Luft sich das vermischen muss, damit man auf eine Konzentration von 25 oder gar 5 µg/m³ kommt. Und dann stinkt die Luft immer noch und es sind weiterhin krebserregende Partikel in der Luft. Zudem sind noch etliche Öfen und Kamine im Einsatz, bei denen noch keine Umrüstung mit passenden Filtern zur Einhaltung der Grenzwerte erfolgt ist.

 
 
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